Interview mit Dr. med. Jürg F. Wyrsch

Anlässlich des „Natur und Umwelt“-Interviews in der September Ausgabe 2021 mit dem Ehrenpräsidenten der Stiftung Lebensraum Linthebene publizieren wir hier das vollständige Interview.

Lieber Jürg, Wie kamst Du zur Stiftung Lebensraum Linthebene?

Der Weg führte über den Verein Pro Tuggen, welcher ich 1985 an vorderster Front mitgegründet habe. Der Grund für die Gründung des Vereins war eine wilde, illegale Deponie im Ried bei der Linthbord-Kapelle. Wir dachten: «Jetzt müssen wir etwas machen!». Wir wollten uns wehren. Zusammen mit Herbert Gunz und anderen gründeten wir die Gruppe im Sinne des Landschaftschutzes. Ich selber trat aber nicht sofort als Mitglied bei, da sich die Aktion gegen einen örtlichen Unternehmer richtetet. Als Arzt und Schulpräsident wollte ich mich nicht noch mehr exponieren und mehr im Hintergrund agieren. 1990 trat ich schliesslich als Gemeindepräsident von Tuggen dem Verein bei und schrieb 2005 die Jubiläumsbroschüre. Damals waren wir etwa 40 Mitglieder.
Nachdem der Verein das Gebiet Heuli in Tuggen jahrelang gepflegt hatte und dieses in den 90er-Jahren als schützenswertes Gebiet im Zonenplan festgelegt worden war, wollten wir das Gebiet wegen der Verlandung revitalisieren. Die hohen Kosten und Komplexität veranlassten uns, einen Seniorpartner und Finanzen zu suchen. Mit dem WWF Schwyz und dem Büro für ökologische Optimierungen fanden wir die notwendige Hilfe. Nachdem wir mit den Landwirten der Genossame Tuggen eine Einigung erzielen konnten fiel im November 2009 der Spatenstich. Der alte Linthlauf wurde ausgebaggert und der Aushub für eine Brutvogelwand für den Eisvogel verwendet. Offene Wasserflächen wurden geschaffen, Hecken gepflanzt und diverse Kleinstrukturen erstellt. Insgesamt konnten so 4,5 Hektaren renaturiert werden. Das Projekt war ein voller Erfolg. Ohne die fachliche Unterstützung des Ökobüros und das Netzwerk der beteiligten Personen wäre das Projekt nicht umsetzbar gewesen. Die Idee zur Gründung fiel kurz danach. Nicht nur der Natur- und Landschafsschutz in Tuggen sondern die ganze Linthebene sollte in den Wirkungsbereichs der Stiftung fallen.

Wer ist die Stiftung LRLE? 

Der Stiftungsrat ist breit abgestützt und setzt sich aus mehreren Gemeinden, aus den Stiftern Pro Tuggen und WWF sowie Grundeigentümern, Vertreter der Wirtschaft, Bewirtschaftern und unabhängigen Fachleuten zusammen. Der Name sagt es schon: Die Stiftung ist in der Linthebene: Unser Ziel ist das Realisieren von kantonsübergreifenden Projekten zur ökologischen Aufwertung. Das Ökobüro gehört als Geschäftsstelle zum Rückgrat des Ganzen und unterstützt uns Laien mit Fachwissen und Beratung. Es ist eine tolle Zusammenarbeit, die den Stiftungsrat zeitlich immens entlastet.

Wie arbeitet die Stiftung LRLE?

Die breit vernetzte Geschäftsstelle ermöglicht kooperative Planungsprozesse. Die Planung und Umsetzung so vieler Projekte wäre ohne diese Unterstützung nicht möglich gewesen. Wir arbeiten immer mit den Leuten vor Ort, damit eine Win-Win Situation entsteht. Es sollen ja alle von unseren Projekten profitieren und am meisten natürlich die Natur. Wir arbeiten oft mit eigenen Projektideen. Die Stiftung ist in den letzten Jahren durch die Medien bekannt geworden, sodass wir vermehrt externe Anfragen erhalten.

Der grösste Erfolg in Deiner Zeit?

Das war kurz vor der Gründung: Die Realisierung des Heulis, die durch spätere Stiftungsräte und der Geschäftsleitung realisiert wurde. Als Stiftung setzten wir rasch zahlreiche Projekte um, wie zum Beispiel die Entbuschungen und Aufwertungen der Waldmoore Schrötermoos, Ammesmoos, Teufruns. Das Ausbaggern und die Aufwertung des Alten Linthlaufes Reumeren oder des Schlosswaldweihers. Und dann all die Artenförderprojekte von Amphibien, Wieseln und Zauneidechsen. Wichtig ist, dass Trittsteinbiotope geschaffen oder wiederhergestellt werden, die letztlich zu einem grossen Ganzen führen. 

Gab es auch Rückschläge?

Die Renaturierung von Danieli Nord und Süd (Alte Linthläufe der Spettlinth) konnten wir nicht wie geplant umsetzen. Es wäre ein Zeitfenster offen gewesen und die notwendigen Gelder von Bund und Sponsoren wären vorhanden gewesen, doch scheiterte das Projekt an einer einzelnen Person. Eine persönliche Niederlage ist es nicht, denn es gilt: Verschoben aber nicht aufgehoben. Rechtlich muss es dennoch umgesetzt werden. Leider wird dann die Finanzierung durch die öffentliche Hand übernommen werden müssen. 

Und die Akzeptanz?

Die Akzeptanz ist sehr gut und es gibt regelmässige Anfragen. Wir sind gut ausgelastet. Die kooperativen Planungsprozesse, die Suche nach WIN-WIN-
Lösungen, sowie die Resultate sprechen für sich, was natürlich die Behörden und Landwirte überzeugt.

Du und die Stiftung LRLE?

Dieses Verhältnis war immer sehr positiv. In all den acht Jahren hatte ich volles Vertrauen und engen Kontakt zum Geschäftsleiter Res Knobel. Innerhalb des Stiftungsrat war die Zusammenarbeit harmonisch. Alle Mitglieder sind überzeugt, dass es überall in der Linthebene mehr Aufwertungen und Vernetzungen braucht. 

Ein Tipp für den Nachfolger?

Ich wünsche Stefan Abt weiterhin viel Erfolg in der Zusammenarbeit mit der Geschäftsstelle und dem Stiftungsrat. Als Alt-Gemeindepräsident von Schübelbach hat er genügend Erfahrung für diesen Job.

Wer ist Jürg Wyrsch privat?

Aufgewachsen bin ich am anderen Ende vom Kanton in Küssnacht am Rigi und 1979 kam ich nach Tuggen. Ich eröffnete hier eine Hausarztpraxis und führte diese bis 67. Zusammen mit meiner Tochter und meinem Schwiegersohn arbeitete ich noch Teilzeit ein paar Jahre weiter. Für die Natur habe ich mich schon immer interessiert und erkunde sie heute noch gerne zu Fuss. 30 Jahre bekleidete ich diverse öffentliche Ämter in Tuggen, als Schulpräsident, Gemeindepräsident, Präsident von der Kirchengemeinde und im Verein Marchring. Meine Führungserfahrung erwarb ich mir durch eine lange Laufbahn im Militär bis zum Oberst, welche mich bei der Ausübung dieser Ämter enorm unterstütze.

Was möchtest Du der Leserschaft besonders ans Herz legen?

Als Stiftung sind wir auf die finanzielle Unterstützung der Leserschaft angewiesen und diese trägt substantiell zum Entstehen und Gelingen unserer Naturschutzprojekte bei. Die Wirkung dieser Spenden ist essentiel.

Man sollte sich mehr dafür interessieren, was in der Region zum Thema Natur und deren Schutz läuft. Eine Ecke Natur im Garten oder ein Topf mit Wildblumen auf der Terrasse – jeder kann es etwas beitragen 

Lieber Jürg, herzlichen Dank für das interessante Gespräch. Wir danken Dir vielmals für Deinen unermüdlichen und engagierten Einsatz als Stiftungspräsident und wünschen Dir weiterhin privat alles Gute und freuen uns, Dich als Ehrenpräsident der Stiftung immer wieder zu treffen. 

Unsere Projekte 

Schauen Sie sich alle unsere Projekte an und gewinnen Sie ein Einblick in unser Tun in der Linthebene. 

Neuer Lebensraum für Gelbbauchunken in Stahlwannen

Gelbbauchunken laichen in temporären, kleinen Gewässern, die sich schnell erwärmen und möglichst wenig Fressfeinde und Konkurrenten enthalten. Solche Gewässer sind jedoch aufgrund der Trockenlegung von Feuchtgebieten und Flussbegradigungen selten geworden. Um die...

Erhalten – Aufwerten – Vernetzen: 2023 – 2026

Die Stiftung Lebensraum Linthebene schaut auf 10 erfolgreiche Jahre zurück. Mit Fortsetzungsprojekten für die Jahre 2023 – 2026 soll diese Arbeit weitergeführt werden können. Dafür sind wir auf Unterstützungsbeiträge angewiesen.

Wieselförderprojekt

Das Projekt hat zum Ziel die vorhandenen Populationen von Hermelin und Mauswiesel langfristig zu sichern, zu stärken und grossräumig zu vernetzen. Dieses Ziel soll durch das Anlegen von Strukturen in der Kulturlandschaft an strategisch günstigen Orten erreicht werden.

Strommastenprojekt

Die Stiftung «Lebensraum Linthebene» hat sich zum Ziel gesetzt, die gefährdeten Arten wieder zu vernetzen und ihre Lebensräume aufzuwerten. Die durch die Strommasten gegebene Achse zwischen Wollerau und Schübelbach bietet sich ideal für eine Vernetzung von Populationen der vorkommenden Arten an.

Förderprojekt Laubfrosch

Das Förderprojekt Laubfrosch sieht vor, diese stark gefährdeten Amphibienarten, welche in der Linthebene und angrenzenden Hügelhängen noch vertreten sind, mittels Trittsteinbiotopen zu fördern und bestehende Teilpopulationen zu vernetzen.

Biodiversität im Siedlungsraum

Nicht alle haben einen Garten zu Hause, wo sie Platz haben, etwas für die Artenvielfalt zu tun. Viel Fläche braucht es meistens jedoch gar nicht, um einen kleinen Beitrag an die Biodiversität, also die Vielfalt des Lebens, zu leisten. Auf dem Balkon, auf der Terrasse...

Förderprojekt Zauneidechse & Co., Buechberg, Tuggen SZ

Mit dem «Förderprojekt Zauneidechse & Co.» am Buechberg und Wägitaler Aa will man bestehende Zauneidechsenpopulationen verbinden und ihre Lebensräume mit Kleinstrukturen aufwerten. Von den Kleinstrukturen werden nebst der Zauneidechse auch zahlreiche weitere Tierarten profitieren.

Förderprojekt Zauneidechse & Co., Suterwäldli, Galgenen SZ

Im Rahmen des Projekts «Zauneidechse & Co» konnte das Suterwäldli in der Gemeinde Galgenen dank der
grosszügigen finanziellen Unterstützung der Albert Koechlin Stiftung und der guten Zusammenarbeit mit der
Genossame Lachen und dem Revierförster aufgewertet werden.

Trittsteinbiotop mit Laichgewässern in Rieden SG

In Rieden entstand ein grosszügiges Trittsteinbiotop im Landwirtschaftsland. Obschon die Aufwertung besonders auf den Europäischen Laubfrosch ausgerichtet wurde, bietet sie zahlreichen Tieren einen Lebensraum.

Waldmoore Ammesmoos, Schrötermoos & Co., Tuggen SZ

Zwischen 2014 und 2016 wurden die Waldmoore «Ammesmoos» und «Schrötermoos», das Hangmoor «Oberluft» sowie zwei Waldweiher vor der Verbuschung gerettet und ökologisch aufgewertet. In den Waldmooren wurde ein raffiniertes Entwässerungssystem aus Stautafeln eingebaut,...